Die Toleranz und Nachsicht des Islam im Hinblick auf Krieg und Geiseln
Es liegt in der Natur der menschlichen Gesellschaften, dass zwischen ihnen Konflikte und Kriege entstehen, aufgrund von Ungleichheit und Streitigkeit, aufgrund von Rasse oder Abstammung oder Religion, oder Konflikte und Kriege aufgrund von Expansionsbegehren, Ausweiten der Macht oder wirtschaftlichen Interessen. So sagt Allah, der Hocherhabene: “(Ihnen), die zu Unrecht aus ihren Wohnstätten vertrieben wurden, nur weil sie sagen: Unser Herr ist Allah. Und wenn Allah nicht die einen Menschen durch die anderen abgewehrt hätte, so wären fürwahr Mönchsklausen, Kirchen, Bethäuser und Gebetsstätten zerstört worden, in denen Allahs Name häufig genannt wird. – Und Allah wird ganz gewiss denjenigen helfen, die Ihm helfen. Allah ist wahrlich Stark und Allmächtig.” (Qur`an 22:40)
Was jedoch den Krieg im Islam angeht, so ist er an erster Stelle menschlich. So sagt Allah, der Hocherhabene: “Und seid nicht wie diejenigen, die aus ihren Wohnstätten hinauszogen, in Übermut und aus Augendienerei vor den Menschen, und die von Allahs Weg abhalten. Allah umfasst, was sie tun.” (Qur`an 8:47)
So dient der Krieg im Islam der Verteidigung vor einem Feind oder der Unterstützung eines Benachteiligten. So sagt Allah, der Hocherhabene
“AWas ist mit euch, dass ihr nicht auf Allahs Weg, und (zwar) für die Unterdrückten unter den Männern, Frauen und Kindern kämpft, die sagen: „Unser Herr, bringe uns aus dieser Stadt heraus, deren Bewohner ungerecht sind, und schaffe uns von Dir aus einen Schutzherrn, und schaffe uns von Dir aus einen Helfer.” (Qur`an 4:75)Da der Krieg im Islam menschlicher Natur ist, ist es notwendig, dass die Faktoren der Toleranz, Nachsicht und Gutmütigkeit sichtbar sind. Daher werden im Folgenden einige dieser Faktoren vorgestellt:
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Zur Toleranz, Nachsicht und Gutmütigkeit des Islam gehört, dass er keine Religion des Terrorismus, der Übertretung, der Ungerechtigkeit oder der Führung von Kriegen ist, wie viele seiner Feinde behaupten, weil sie es leid sind, dass so viele diese Religion annehmen. Wie soll der Islam denn eine Religion des Krieges sein, wo doch Allah, der Hocherhabene, sagt: “Und kämpft auf Allahs Weg gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet nicht! Allah liebt nicht die Übertreter.” (Qur`an 2:190)
- Zur Toleranz und Nachsicht im Islam hinsichtlich der Kriege gehört, dass der Islam seinen Anhängern vorgeschrieben hat, im Falle eines Krieges mit den Feinden zunächst den Frieden zu suchen, wenn diese auch den Frieden und das Kämpfen aufgeben wollen, um zu zeigen, dass der Islam keine Religion des Tötens ist oder gar Genuss verspürt, wenn Blut fließt. So sagt Allah, der Hocherhabene: “Und wenn sie sich dem Frieden zuneigen, dann neige auch du dich ihm zu und verlasse dich auf Allah! Gewiss, Er ist ja der Allhörende und Allwissende.” (Qur`an 8:61)
- Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass der Islam verbietet, denjenigen zu töten, der nicht kämpft und auch nicht die Menschen, mit denen die Muslime ein Abkommen haben. So sagt Allah, der Hocherhabene: “Außer denjenigen, die sich einem Volk anschließen, zwischen dem und euch ein Abkommen besteht, oder die zu euch gekommen sind, weil ihre Brüste beklommen sind, gegen euch zu kämpfen oder gegen ihr (eigenes) Volk zu kämpfen. Und wenn Allah gewollt hätte, hätte Er ihnen wahrlich Gewalt über euch gegeben, und dann hätten sie gegen euch wahrlich gekämpft. Wenn sie sich jedoch von euch fernhalten und dann nicht gegen euch kämpfen, sondern Frieden anbieten, so hat euch Allah keine Veranlassung gegeben, gegen sie (vorzugehen).” (Qur`an 4:90)
- Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass es für den Kriegsfall Regeln gibt, sodass die
Menschlichkeit sogar im Krieg gewahrt wird. So dürfen von den Feinden nur diejenigen getötet
werden, die auch tatsächlich kämpfen und dazu anstiften bzw. Beihilfe leisten, jedoch nicht
die Älteren, die Kinder, die Frauen, die Kranken, die Krankenpfleger (Ärzte, Krankenschwestern,
etc.) und diejenigen, die sich nur der Anbetung gewidmet haben. Auch ist es verboten, den
Verletzten den Gnadenschuss zu geben, die Toten zu verstümmeln, Tiere zu töten, Häuser zu
zerstören, Wasser oder Brunnen zu beschmutzen, diejenigen, die die Flucht vom Schlachtfeld
ergriffen haben, zu verfolgen. Dies waren die Anweisungen des Propheten
s und seiner Nachfolger (der Kalifen) an ihre Kriegsführer. Und diese großzügige und
gutmütige Kriegspolitik spiegelt sich in den Taten des Propheten
s wieder, als er Makkah eingenommen hatte. Dabei handelte es sich um diejenigen, die
ihn ausgestoßen und seine Gefährten getötet hatten und die ihn töten wollten; er sagte zu
ihnen:
„Wer sich im Haus von abu Sufian aufhält, ist sicher und wird verschont, und wer seine Türen
schließt, ist sicher, und wer die Waffen niederlegt, ist sicher.“
(Muslim)
Auch seine Kalifen (Nachfolger) befolgten diese gutmütige Kriegspolitik. So sagte abu Bakr d, der erste Kalif, zu seinen Kriegsführern, die er entsandte: „Stellt euch auf, ich habe zehn Dinge zu verkünden, so hört mir zu und merkt euch meine Worte: Betrügt nicht, übertreibt nicht, verratet nicht, verstümmelt nicht, tötet keine Kinder, tötet keine Älteren und keine Frauen, macht keine Palmen unfruchtbar und brennt sie nicht nieder, schneidet keinen fruchtbaren Baum ab, schlachtet keine Ziege und keine Kuh und kein Schaf, außer zum Verzehr, und ihr werdet Leuten begegnen, die sich in ihrer Gebetsstätte der Anbetung gewidmet haben, lasst sie und ihre Gebetsstätte in Frieden.“ -
Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass die Rechte und die Menschlichkeit der feindlichen Geiseln respektiert werden.
So ist es verboten, sie zu foltern, ihnen Leid zuzufügen, sie zu demütigen, zu terrorisieren,
sie zu verstümmeln oder ihre Geduld zu strapazieren, indem ihnen das Essen und Trinken bis
zum Tod verwehrt wird. Es ist vorgeschrieben, sie gutmütig zu behandeln und ihnen Gutes zu
tun. So sagt Allah, der Hocherhabene:
“Und sie geben – obwohl man sie liebt – Speise zu essen einem Armen, einer Waisen und einem
Gefangenen: Wir speisen euch nur um Allahs Angesicht willen. Wir wollen von euch weder
Belohnung noch Dank.”
(Qur`an 76:8-9)
Die Anhänger des Islam beeilten sich, diese Anweisungen in die Tat umzusetzen. So sagte abu ‘Uzair ibn ‘Umair, der Bruder von Mus’ab ibn ‘Umair: „Ich war bei (der Schlacht von) badr einer der Geiseln, da sagte der Prophet s: „Seid gut zu den Geiseln!“ Und ich war in einer Gruppe von den Ansar (jene Leute, zu denen der Prophet geflohen war), sie brachten ihr Abendessen und aßen Datteln und gaben mir Brot, gemäß dem, was ihnen der Prophet s befohlen hatte.“ (al-Mu’jam al-Saghir) - Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört die Nachsicht mit den Geiseln dergestalt, dass sie ohne eine Gegenleistung freigelassen werden; oder mit Gegenleistung, etwa gegen Lösegeld oder eine muslimische Geisel, je nachdem, was dem Allgemeinwohl dient, gemäß dem Vers: “Wenn ihr sie schließlich schwer niedergeschlagen habt, dann legt (ihnen) die Fesseln fest an. Danach (lasst sie) als Wohltat frei oder gegen Lösegeld, bis der Krieg seine Lasten ablegt.” (47:4)
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Zur Toleranz und Nachsicht im Islam gehört, dass die Gutmütigkeit im Umgang mit den Menschen des Landes, das eingenommen
wurde, empfohlen wird. So befahl der Prophet
s die Kopten gut zu behandelt, indem er sagte:
„Wenn ihr Ägypten einnehmt, behandelt die Kopten gut, denn sie haben Obhut und Verwandtschaft.“
Es ist nicht das Ziel, die Würde der besiegten Völker zu missbrauchen, ihr Vermögen zu plündern oder wegzunehmen, ihre Ehre zu entwürdigen, ihre Häuser zu zerstören oder sich zu rächen, sondern das Ziel ist die Verbesserung, das Gute zu gebieten und das Verwerfliche zu verbieten und Gerechtigkeit walten zu lassen. Die Muslime haben die Anweisungen ihres Propheten s befolgt und sind ihnen nachgekommen. Und der beste Beweis dafür ist der Umgang des Gefährten ‘Umar ibn al-Khattab d gegenüber den Bewohnern von Jerusalem, als er die Stadt einnahm. Da sagte er: „Mit dem Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen, folgendes gewährt der Diener Allahs, ‘Umar ibn al-Khattab, der Kalif, den Bewohnern Jerusalems an Sicherheiten: Sicherheit ihrer Person, ihres Vermögens, ihrer Kirchen und Kreuze. Sie werden nicht gezwungen, ihre Religion zu wechseln und niemandem von ihnen wird Übel zugefügt.“
Hat denn die Geschichte solchen Adel, derartige Gerechtigkeit und Nachsicht von einem Sieger gegenüber einem Besiegten jemals erlebt? Obwohl er d doch in der Lage gewesen wäre, ihnen vorzuschreiben, was auch immer er gewollt hätte. Aber so ist die Gerechtigkeit und die Gutmütigkeit. Das ist ebenfalls der Beweis dafür, dass der Krieg im Islam menschlich ist und keine weltlichen Vorteile bezweckt.